Ilse Rollé Ditzler

Ilsé Rollé Ditzler, Altertumswissenschaftlerin im Zweitstudium

Ilse Rollé Ditzler (*1953) verheiratet, i.R., in diversen kulturellen Vereinigungen aktiv.

(Januar 2021)

 

Ilse Rollé Ditzler

Welche Fächer haben Sie an welcher Universität studiert?

Nach einem Studium der Volks- und Betriebswirtschaft an der Universität Basel konnte ich 25 Jahre lang Kaderfunktionen in der Schweizer Wirtschaft wahrnehmen. Durch einen beruflichen Wechsel meines Ehemannes nach München ergab sich für mich die Gelegenheit, an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) ein zweites Mal zu studieren. Ich konnte ein reguläres Magister-Studium mit anschliessender Dissertation absolvieren in den Fächern Spätantike und Byzantinische Archäologie und Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Alte Geschichte.

Hatten Sie vor dem Studium ein bestimmtes Berufsbild im Kopf?

Trotz prägender A-Matur (Schwerpunkt Altgriechisch und Latein) in Basel erfolgte die Wahl des ersten Studiums pragmatisch: Ökonomie eröffnete nach nur vier Jahren eine breite Palette an Berufseinstiegen und sicherte rasch ein gutes Einkommen, auch für die wenigen Frauen, die diesen Weg wählten. Die hohe Zeit der Gleichberechtigungsdebatten in den 80er und 90er Jahren schien günstig, die Realität in den «harten» Bereichen der Wirtschaft sah jedoch meist anders aus (letztlich bis heute). Als kulturell orientierter Ausgleich für das Agieren mit Kalkül und Ellenbogen diente mir die Beschäftigung mit der antiken Welt und ich versuchte, mit Reisen, Lektüre und Betätigung in einschlägigen Vereinen à jour zu bleiben. Die Traumkombination, welche die LMU anbot, erlaubte mir die gewünschte professionelle Vertiefung ebenso wie ein «back to the roots».

Wie haben Sie das Studium erlebt?

Weil diese «Orchideenfächer» nicht a priori mit klar vorgezeichneten Berufschancen aufwarten können, ziehen sie oft eine interessante Mischung aus begeisterten Erst- und Zweit- oder Spät-Studierenden mit beruflichen Vorerfahrungen an. Förderlich waren die idealen Studienbedingungen: In Klein- bis Kleinstgruppen ergab sich in Seminaren und auf Studienreisen ein enger Austausch untereinander und mit den Dozierenden, sodass rasch eine zwanglose, fruchtbare, bis heute andauernde Kollegialität entstand. Persönlich gefiel mir besonders, dass in München in den genannten Fächern bildwissenschaftliche Diskurse stark im Vordergrund standen und Offenheit für breite, fächerübergreifende Forschungsansätze bestand.

Erzählen Sie uns bitte kurz Ihren beruflichen Werdegang nach dem Studium.

Es war klar, dass eine volle berufliche Tätigkeit im engeren Fachgebiet der Altertumswissenschaften für mich nicht mehr in Frage kam. Mit dem aktuell erworbenen Wissen engagierte ich mich sowohl in Lektoraten als auch in der Erwachsenenbildung. Ich meine, dass auch heute noch für das (Selbst-)Verständnis unserer Kultur die Antike und ihre vielfältigsten Rezeptions- und Transformationsstufen fundamental sind. Antike begeistert jüngere und ältere Generationen, Bilder und Vorstellungen einer breiteren Öffentlichkeit sind jedoch nach wie vor geprägt von wirkmächtigen Formulierungen des 19. Jhs. oder von «terribles simplifications». In der medialen Vermittlung neuster Fragestellungen, Ansichten und Einsichten scheint mir ein offenes Feld für ArchäologInnen zu liegen.

Aus welchen Gründen würden Sie einem/r Maturand/in raten, ein altertumswissenschaftliches Studienfach zu wählen?

Grundsätzlich wird ja geraten, seinen Neigungen zu folgen; und oft zeigt sich erst nach einem beherzten Einstieg, wo die eigenen Perspektiven in einer konkreten Konstellation liegen. Pragmatisch gesehen unterliegen praktisch alle Disziplinen einer fortlaufenden Differenzierung mit je eigenen Techniken und Vertiefungen, in denen sich erst praktische Betätigungsfelder eröffnen; das gilt selbst für eine akademische Karriere. Es lohnt sich m.E., sich bereits während des Studiums ergänzende Fähigkeiten anzueignen, je nach Affinität z.B. im weiten Feld der Digitalisierung, der Naturwissenschaften, der Bau- oder Restaurierungstechnik oder der Medien. Archäologische Ausgrabungen ebenso wie kunsthistorische Projekte sind ja längst multidisziplinäre Unternehmungen, welche das kreative Zusammenspiel vieler Spezialisten erfordern.     

Ilse Rollé Ditzler, Altertumswissenschaftlerin